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Das Lexikon der Berner Schriftstellerinnen
und Schriftsteller

Joho, Rudolf

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Rudolf Joho (* 12.4.1898; † 30.5.1966)

Mitglied im Berner Schriftstellerinnen und Schriftsteller Verein (BSV).

Leben

„Ein merkwürdig zerfahrenes Leben ohne eigentlichen Schwerpunkt, ist man versucht zu sagen, wenn man das am 12. April 1898 in seinem Heimatort Grosshöchstetten geborenen Rudolf Joho betrachtet. Er besuchte dort die Sekundarschule, ward dann Spengler, leitete zwei Jahre das väterliche Geschäft (Spenglerei, Installationen, Eisenwarenhandlung), kam 1919 nach Deutschland, studierte drei Semester am Polytechnikum in Cöthen technische Chemie, hörte dann an der Leipziger Universität Literaturgeschichte, bildete sich daneben zum Schauspieler aus und erlangte in einem halbjährigen Kurs die Maturität. Dass er dazu noch die deutsche Schriftsteller-Zeitung redigierte, sei nur am Rande vermerkt. Dann studierte er an der Berliner Universität Philosophie, Literatur- und Theaterwissenschaft und bereitete in einem Verlagsauftrage die Herausgabe einer Bühnenzeitung vor, die das ganze deutsche Theaterschaffen einbeziehen sollte. Eigenartig an dieser Unternehmung ist nicht, dass die hervorragendsten Schriftsteller und Kritiker zur Mitarbeit gewonnen, vielmehr dass diesen – im Gegensatz zu andern Neugründungen – Honorare ausbezahlt wurden, obwohl die Zeitschrift nie erschien. Als die erste Nummer zum Druck fertig war, erklärte sich der Verleger ausserstande zur Publikation, worauf der junge Redaktor einfach Büromaschinen und -möbel des Verlags zurückbehielt und die eingelaufenen Beiträge bezahlte. Zwar klagte der Verleger ihn gerichtlich ein, verlor aber den Prozess. Nun suchte sich Joho eine andere 'Nebenbeschäftigung' und gründete im Vorort Friedrichshagen ein ständiges Theater, an dem namhafte Berliner-Schauspieler mitwirkten. Die Umstellung von der Inflation zur Festmark gab diesem Unternehmen den Todesstoss. Seither hatte Rudolf Joho erkannt, dass die – damals noch in den Kinderschuhen steckende – Theaterwissenschaft für das lebendige Theater weder Frucht- noch Brauchbares vermitteln konnte, und er wechselte, 'des trockenen Tones satt', zur Praxis über, war an verschiedenen Theatern Deutschlands als Schauspieler, Dramaturg und Regisseur tätig.

Seine Ferien verbrachte er in der Schweiz, wo er sich entweder in der Spenglerei des Vaters betätigte oder Rezitationsvorträge veranstaltete. Eine Stellung an einem Schweizertheater zu erhalten blieb ein Wunschtraum, auch als er 1939 bei der Generalmobilisation zum Militärdienst in der Schweiz weilte. So arbeitete er während des Krieges in Deutschland, leitete dort zuletzt die Kammerspiele des Staatstheaters in Braunschweig, wo ihm im August 1944 die Leitung des gesamten Schauspieles übertragen wurde. Während eines Urlaubs, den er in der Schweiz verbrachte, schloss das Staatstheater seine Pforten, und Rudolf Joho zog es vor – mit seinem leichten Gepäck für zehn Tage – in der Schweiz zu bleiben und sich da eine neue Existenz aufzubauen. Es gelang ihm durch mannigfache schriftstellerische Arbeiten, Verpflichtungen am Staatsarchiv und am Rundfunk, durch Regietätigkeit am Berufs- und Laientheater, durch Gastspiele, insbesondere aber durch seine Abend- und Schul-Rezitationen.

Scheinbar ein Leben ohne Schwerpunkt – wenn man diesen nicht in Johos literarischem Schaffen findet. Dieses, von vornherein allen Zeit- und Modeströmungen feindlich, konnte nie mit grossen Einnahmen rechnen, musste sich also auf einen Hauptberuf stützen. Da Joho sich in der Hauptsache zur dramatischen Produktion hingezogen fühlte, war der des Schauspielers und Regisseurs der gegebene. Der Umweg über Spengler und Chemiestudent war durch die familiären Verhältnisse erzwungen, die mannigfache Betätigung während des Studiums notwendig, weil er sich dazu das Geld selbst verdienen musste.

Tiefe geistige Eindrücke verdankt er Schopenhauer und Nietzsche, Carl Spitteler und Hans Blüher. Sie führten ihn zu der Erkenntnis, dass die grosse starke Persönlichkeit das A und O jeder Menschheitsentwicklung sei. Um solcherlei Fragen kreisen deshalb seine veröffentlichten und unveröffentlichten Werke. Sie ruhen oft jahrelang in seinem Schreibtisch, ehe er sie einem Verleger oder Theater anbietet. Auch die aufgeführten Dramen waren mehr als zehn Jahre vor ihrer Aufführung entstanden.

Rudolf Joho ist Vizepräsident der Gesellschaft für das schweizerische Volkstheater und des Centre National Suisse de l'Institut International du théâtre.“ (Quelle: Berner Schrifttum 1925-1950, Francke 1949, S. 87-89)

Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

  • Der Fall Liechti, 1945
  • Das doppelte Leben, 1960
  • Dräckigs Wasser i der Geissmatt, 1960

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