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Bögli, Lina: Unterschied zwischen den Versionen

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== Leben ==
== Leben ==
"Am 12. Juli 1892 bestieg Lina Bögli, vierunddreissig, in Krakau den Schnellzug, um eine Reise um die Welt anzutreten. Die Schweizerin, die als Gouvernante bei einem polnischen Grafen in Dienst war, reagierte damit auf den Heiratsantrag eines Offiziers, der aus Liebe zu ihr auf seine Karriere verzichten wollte. Vorsichtig, wie sie war, wollte Lina Bögli dieses Opfer nicht annehmen und setzte dem Verehrer zehn Jahre Bedenkfrist. Am 12. Juli 1902 würde sie wieder in Krakau zurück sein, und wenn er sie dann noch immer liebe, dann ...
"Lina Bögli wuchs als jüngstes Kind einer Bauernfamilie in einfachen Verhältnissen auf der Oschwand auf. Nach der Schulzeit diente sie als
Kindsmagd, konnte aber nach drei Jahren mit einer Schweizer Familie
als Zimmer- und Kindermädchen nach Neapel reisen und fand schliesslich
nach drei Jahren in Italien eine Anstellung bei einer gräflichen Familie
in Polen. Hier wurde ihre Sehnsucht nach Wissen und Bildung erkannt
und sie wurde in jeder Hinsicht gefördert. Mit ihren Ersparnissen fuhr sie
in die Schweiz und besuchte die Ecole supérieure von Neuenburg. Nach
einem Aufenthalt in England kehrte sie zu ihrer gräflichen Familie nach
Krakau zurück.


Mit 1400 Franken in der Tasche reiste sie in die Welt hinaus, und als sie in Sydney ankam, besass sie gerade noch 5 Pfund Sterling. Schon wenige Wochen später unterrichtete sie gegen gutes Geld gleichzeitig an drei australischen Privatschulen! Das gleiche schaffte sie auch in Honolulu, in San Francisco und vielen weiteren Stationen ihrer Reise: sie suchte einen Job als Lehrerin und ersparte sich schnellstmöglich das Billett zur Weiterreise. Als sie am 12. Juli 1902 in Krakau aus dem Zug stieg, stand der Verehrer, dem sie die ganze Zeit nicht eine Zelle geschrieben hatte, erwartungsvoll auf dem Perron und bekam – einen Korb! Die Unabhängigkeit, die sie sich in all den Jahren errungen hatte, wollte Lina Bögli nun nicht wieder preisgeben.
Mit 34 Jahren fasste sie den Entschluss, eine Weltreise zu unternehmen
 
und wollte genau nach zehn Jahren wieder zurückkehren. Vier Jahre blieb
Sie blieb ledig und zog auf das Schloss ihrer ehemaligen polnischen Arbeitgeber, um dort unter dem Titel 'Foreward' (Vorwärts) ihre Reiseerinnerungen zu schreiben. Ein Buch, das nach einem Bestseller-Erfolg in England und Amerika in neun weitere Sprachen, darunter 1906 auch ins Deutsche, übersetzt wurde und das bei allen Vorbehalten zumindest aus zwei Gründen auch heute noch lesenswert ist: weil es dem unbezwingbaren Selbstbehauptungswillen dieser eigensinnigen, draufgängerischen Frau ein lebendiges Denkmal setzt und weil es die koloniale Welt der Jahrhundertwende gleichsam naiv, völlig unverstellt, unbeschönigt und mitsamt ihren fatalen Vorurteilen widerspiegelt.
Lina Bögli in Australien, verdiente sich das Geld für die Weiterreise und
 
besuchte Neuseeland, die USA und Kanada. Nach genau zehn Jahren
'Vorwärts' machte Lina Bögli derart berühmt, dass sie 1910 nach Japan und China aufbrach, um den Erfolg mit einer zweiten, dreijährigen Reise zu wiederholen. Als die neuen Erlebnisse 1915 unter dem Titel 'Immer vorwärts' erschienen, hatte die Verfasserin sich bereits in ihr Heimatdorf Herzogenbuchsee zurückgezogen, um da, bis zuletzt als Vortragsreisende, Erzieherin und Lehrerin rastlos tätig, ihren Lebensabend zu verbringen.
kehrte sie nach Krakau zurück und verfasste, in englischer Sprache, ihr
Schon das zweite Buch hatte, mitten im Ersten Weltkrieg, nur noch einen Achtungserfolg erzielt, und als Lina Bögli 1941 mit 83 Jahren starb, war jene europäisch dominierte Welt, die sie bereist und beschrieben hatte, unwiderruflich zum Untergang verurteilt. Und der gefoppte Freier von 1902? Der hat es bis zum Festungskommandanten gebracht und ist 1914 auf dem Felde der Ehre gefallen ..." (Quelle: [http://www.linsmayer.ch/autoren/B/boegli.html Autorenlexikon Charles Linsmayer]
Buch ''Vorwärts''. 1910 fuhr sie nach Ostasien. Drei Jahre lang blieb sie in
China und Japan; ihren Unterhalt verdiente sie mit Privatunterricht. Von
ihren Erlebnissen berichtete sie in ihrem zweiten Buch «Immer vorwärts».
– Nach diesen Wanderjahren kehrte Lina Bögli in die Heimat zurück. Für
sie war die Heimat Herzogenbuchsee mit den waldigen Hügeln der Buchsiberge.
Sie lebte noch 27 Jahre im 'Kreuz' Buchsi. Bis zu ihrem Tod erteilte
sie Sprachstunden, zuletzt Englischunterricht für polnische Soldaten,
die im Zweiten Weltkrieg in Herzogenbuchsee interniert waren." (Quelle: Jahrbuch des Oberaargaus, Bd. 49, 2006, S. 11)


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* Lina Bögli [http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/lina-boegli/#biografie Biografie]  
* Lina Bögli [http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/lina-boegli/#biografie Biografie]  
* Lina Bögli im [http://www.digibern.ch/jahrbuch_oberaargau/jahrbuch_1996/JBOAG_1996_031_046_boegli.pdf Jahrbuch des Oberaargaus] 1996
* Lina Bögli im [http://biblio.unibe.ch/digibern/jahrbuch_oberaargau/jahrbuch_oberaargau_1996.pdf Jahrbuch des Oberaargaus, Jg. 39(1996)], S. 31-46, Ill.
* Lina Bögli in [http://www.occaphot-ch.com/lina-bögli/ Herzogenbuchsee]
* [http://www.amiet-hesse-weg.ch/de/das-leben-und-reisen-der-lina-boegli ''Das Leben und Reisen der Lina Bögli''] (abgerufen am 04.04.2018)
* [http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D32282.php Bögli, Lina] im HLS
* [http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D32282.php Bögli, Lina] im HLS


== Weblinks UB Bern ==
== Bestände UB Bern ==
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Aktuelle Version vom 4. März 2018, 19:17 Uhr

Lina Bögli (* 15. April 1858 in Oschwand BE; † 22. Dezember 1941 in Herzogenbuchsee BE) Lehrerin, Weitreisende und Reiseschriftstellerin

Leben

"Lina Bögli wuchs als jüngstes Kind einer Bauernfamilie in einfachen Verhältnissen auf der Oschwand auf. Nach der Schulzeit diente sie als Kindsmagd, konnte aber nach drei Jahren mit einer Schweizer Familie als Zimmer- und Kindermädchen nach Neapel reisen und fand schliesslich nach drei Jahren in Italien eine Anstellung bei einer gräflichen Familie in Polen. Hier wurde ihre Sehnsucht nach Wissen und Bildung erkannt und sie wurde in jeder Hinsicht gefördert. Mit ihren Ersparnissen fuhr sie in die Schweiz und besuchte die Ecole supérieure von Neuenburg. Nach einem Aufenthalt in England kehrte sie zu ihrer gräflichen Familie nach Krakau zurück.

Mit 34 Jahren fasste sie den Entschluss, eine Weltreise zu unternehmen und wollte genau nach zehn Jahren wieder zurückkehren. Vier Jahre blieb Lina Bögli in Australien, verdiente sich das Geld für die Weiterreise und besuchte Neuseeland, die USA und Kanada. Nach genau zehn Jahren kehrte sie nach Krakau zurück und verfasste, in englischer Sprache, ihr Buch Vorwärts. 1910 fuhr sie nach Ostasien. Drei Jahre lang blieb sie in China und Japan; ihren Unterhalt verdiente sie mit Privatunterricht. Von ihren Erlebnissen berichtete sie in ihrem zweiten Buch «Immer vorwärts». – Nach diesen Wanderjahren kehrte Lina Bögli in die Heimat zurück. Für sie war die Heimat Herzogenbuchsee mit den waldigen Hügeln der Buchsiberge. Sie lebte noch 27 Jahre im 'Kreuz' Buchsi. Bis zu ihrem Tod erteilte sie Sprachstunden, zuletzt Englischunterricht für polnische Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg in Herzogenbuchsee interniert waren." (Quelle: Jahrbuch des Oberaargaus, Bd. 49, 2006, S. 11)

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